Hier möchten wir einige Begriffe erläutern oder definieren:

Design-Based Research:


Der Design-Based Research-Ansatz (DBR) gilt als innovative Methode der Lehr- und Lernforschung (vgl. Reinmann 2005; Souvignier & Dignath 2010), die durch eine systematische Entwicklung, Kontrolle und Adaption pädagogisch-didaktische Interventionen verbessert. Der DBR-Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass die Ausarbeitung von Interventionen mehrere Phasen der Entwicklung unter wissenschaftlich evaluierten Bedingungen durchlaufen.Der Design-Based Research-Ansatz gewinnt im wissenschaftlichen Diskurs zunehmend an Bedeutung, ist jedoch in der fachdidaktischen Forschungspraxis bislang noch wenig bekannt. Die Arbeit mit diesem innovativen Ansatz stellt insbesondere für die Bildungsforschung ein großes Potenzial dar (vgl. Reinmann 2005). Das Projekt und die Veröffentlichung der Ergebnisse tragen somit zu dessen Verbreitung bei.

Dramapädagogik:


Unter Dramapädagogik versteht man „die Nutzung dramatischer bzw. theatralischer Mittel für pädagogische Zwecke“ (Kessler 2008: 37). Im Bereich des kommunikativen Fremdsprachenunterrichts ist Dramapädagogik als Methode seit den 1990er Jahren etabliert. Die Argumente für den Einsatz dramapädagogischer Techniken im Fremdsprachenunterricht sind vielfältig. So weisen etwa Maley & Duff (1978/2005) auf die Vorteile des ganzheitlichen Ansatzes dieser Methode hin. Oft wird auch das Potential betont, das dramapädagogische Übungen oder Inszenierungen besitzen, „das Fremdsprachenlernen erfahrungsbezogen und lernerorientiert zu gestalten“ (Küppers et. al. 2011: 8). Im Projekt MELT bieten die dramapädagogischen Techniken den Lernenden Unterstützung bei der Bewältigung der einzelnen Prozessschritte. Darüber hinaus soll die motivierende Wirkung dramapädagogischer Methoden zu einem größeren Lernerfolg bei der Verbesserung der Leseflüssigkeit beitragen. Zu den weiteren Funktionen von Dramapädagogik in MELT zählt die Stärkung kommunikativer und persönlicher Kompetenzen.

Literatur

Ahrens, Rüdiger; Eisenmann, Maria & Merkl, Matthias (eds.) (2008): Moderne Dramendidaktik für den Fremdsprachenunterricht. Heidelberg: Universitätsverlag Winter

Kessler, Benedikt (2008): Interkulturelle Dramapädagogik. Dramatische Arbeit als Vehikel des interkulturellen Lernens im Fremdsprachenunterricht. Frankfurt a.M.: Lang

Küppers, Almut & Schmidt, Torben; Walter, Maik (2011): Inszenierungen im Fremdsprachenunterricht. Grundlagen, Formen, Perspektiven. Hannover: Schroedel

Maley, Alan & Duff, Alan (1978/2005): Drama Techniques A resource book of communication activities for language teachers. 3rd ed. Cambridge: Cambridge University Press

Leseflüssigkeit:


Leseflüssigkeit setzt sich aus mehreren Teilfertigkeiten zusammen: der Lesegenauigkeit, der Automatisierung von basalen Dekodierprozessen, der Lesegeschwindigkeit sowie der sinngemäßen Betonung (Rosebrock & Nix 2006). Das Projekt MELT ist als mehrsprachiges Leseförderprogramm (8 Schulwochen im Schuljahr 2015/16) konzipiert, das beabsichtigt die Leseflüssigkeit zu fördern. Dass sich der Einsatz von Lesetheater in der L1 positiv auf die Leseflüssigkeit in der Erstsprache auswirkt, konnte bereits mehrfach gezeigt werden (z. B. Mraz et al. 2013; Young & Rasinski 2009). Zur Leseflüssigkeit in der L2 liegen bisher nur wenige gesicherte Erkenntnisse vor. Erste empirische Studien deuten jedoch darauf hin, dass erhöhte Leseflüssigkeit in der L2 ebenfalls mit besseren Verstehensleistungen in der L2 korreliert (Grabe 2014: 11). Indem die Leseflüssigkeitsmaße für alle bei MELT verwendeten Schul- und Fremdsprachen erhoben werden, sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie sich die Leseflüssigkeit bei den Schülerinnen und Schülern je nach landesspezifischem Praxiskontext in einer anderen Sprachenkombination entwickelt.

Literatur

Grabe, William (2014): Key Issues in L2 Reading Development. In: Deng, Xudong; Seow, Richard (eds.): Alternative Pedagogies In The English Language and Communication Classroom. 4th CELC Symposium Proceedings. Singapore: Centre for English Language Communication, National University of Singapore, 8-18

Mraz, Maryann; Nichols, William; Caldwell, Safronia; Beisley, Rene; Sargent, Stephan; Rupley, William (2013): Improving Oral Reading Fluency through Readers Theatre. In: Reading Horizons, 52/2, 163-180

Rosebrock, Cornelia; Nix, Daniel (2006): Forschungsüberblick: Leseflüssigkeit (Fluency) in der amerikanischen Leseforschung und -didaktik. In: Didaktik Deutsch, 20, 90-112

Young, Chase; Rasinski, Timothy (2009): Implementing Readers Theatre as an approach to classroom fluency instruction. In: The Reading Teacher, 63/1, 4-13

Mehrsprachigkeitsdidaktik :


Obwohl in den letzten Jahren eine Reihe von konkreten Vorschlägen zum sprachenübergreifenden Sprachenlernen gemacht wurden, werden Lesekompetenzen in der Schule nach wie vor überwiegend monolingual gefördert. Das Projekt MELT leistet darum auch einen Beitrag zur Didaktik der Mehrsprachigkeit, die Wiater (2006: 60) wie folgt definiert als «die Wissenschaft und Lehre vom kombinierten und koordinierten Unterrichten und Lernen mehrerer Fremdsprachen innerhalb und außerhalb der Schule. Ihr primäres Ziel ist die Förderung der Mehrsprachigkeit durch Erarbeitung sprachenübergreifender Konzepte zur Optimierung und Effektivierung des Lernens von Fremdsprachen sowie durch die Erfahrung des Reichtums der Sprachen und Kulturen.» Im Gegensatz zu Wiater, der den Gegenstandsbereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik auf die schulischen Fremdsprachen beschränkt, erweitert MELT diesen, indem neben den Fremdsprachen auch die Schul- und Migrationssprachen einbezogen werden. Durch die Verknüpfung von Schul-/Fremd- und Migrationssprachen sollen zwischen den einzelnen Sprachfächern Synergien geschaffen werden. Die interlinguale Gestaltung der Texte regt ferner idealerweise sprachübergreifende Rezeptionsprozesse an, beispielsweise indem fremdsprachige Passagen unter Rückgriff auf die deutschsprachigen Stellen entschlüsselt werden (sprachdidaktischer Aspekt). Schließlich machen MELT-Texte Mehrsprachigkeit als ein im Alltag allgegenwärtiges Phänomen sichtbar (sprachpolitischer Aspekt).

Literatur:

Wiater, Werner (2006). Schule und Mehrsprachigkeit. Eine Problemanzeige. In: Ders. (Hg.). Schule in mehrsprachigen Regionen Europas. Frankfurt u. a.: Lang. S. 17-31

Lesemotivation:


Motivation ist ein mehrdimensionales Konstrukt, es können diverse Formen auf einem Kontinuum definiert werden und so gibt es auch zahlreiche Unterteilungen innerhalb der Lesemotivation. Die meisten Theorien der (Lese-) Motivation unterscheiden zunächst zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation (Deci & Ryan, 1993), wobei diese graduell ineinander fließen.
Das Projekt MELT ist als mehrsprachiges Leseförderprogramm (8 Schulwochen im Schuljahr 2015/16) konzipiert, das beabsichtigt die intrinsische Lesemotivation zu fördern. Gemäß der Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan (1993, 2002) lässt sich intrinsische Motivation dauerhaft fördern, indem die psychologischen Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Einbindung gezielt angesprochen werden. MELT weist mehrere Merkmale auf, die diesen drei Grundbedürfnissen entgegenkommen:

Autonomie
Während der Vorbereitung auf die Aufführung handeln die Schüler/innen in unterschiedlichen Phasen autonom: Sie setzen sich selbstbestimmt mit ihrer Rolle auseinander, indem sie sich selbständig die sprachliche Gestaltung der zu lesenden Rolle erarbeiten.

Kompetenz
Sie erleben sich darüber hinaus als kompetent, wenn sie ihre Rolle nach den Übungsphasen flüssig lesen können oder wenn sie aufgrund der Mehrsprachigkeit der Lesetheaterstücke in der Lage sind, Szenen aus Texten zu präsentieren, deren eigenständige Erarbeitung und Lektüre für sie ausschließlich in der Fremdsprache noch nicht möglich wäre.

Soziale Einbindung
Und schließlich erleben sie sich als sozial eingebunden, wenn sie das Stück für ein Publikum präsentieren, dafür positives Feedback erhalten (Applaus) und sich angenommen fühlen.

Literatur

Deci, Edward L.; Ryan, Richard M. (1993): Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. In: Zeitschrift für Pädagogik, 39(2), 223-238

Deci, Edward L.; Ryan, Richard M. (2002): Handbook of selfdetermination research. Rochester, NY: University of Rochester Press

Kooperatives Lernen:


Das didaktisch-methodische Design MELT basiert in seiner Organisation der Lehr- und Lernprozesse auf einem klaren Handlungsskript, das sich an den Merkmalen des kooperativen Lernens orientiert.
Konrad und Traub (2008: 6 f., zitiert nach Traub: 2010: 140) nennen einige zentrale Merkmale kooperativen Lernens, die sich auch in MELT in den unterschiedlichen Prozessschritten wiederfinden: individuelle Verantwortlichkeit, positive Wechselbeziehungen, hilfreiche Face-to-Face-Interaktion, Feedback, angemessene Nutzung kooperativer Fertigkeiten, Reflexion der Gruppenprozesse.
Unter kooperativem Lernen versteht man im weitesten Sinne eine Interaktionsform, bei der zwei oder mehr Personen gemeinsam das Ziel verfolgen, etwas zu lernen. Dabei erwerben die beteiligten Personen in wechselseitigem Austausch Kenntnisse und Fertigkeiten. Idealerweise nehmen alle Gruppenmitglieder gleichberechtigt am Lerngeschehen teil und tragen gemeinsam Verantwortung (vgl. Huber 1999, 2007; Konrad & Traub 2001). Der Begriff „kooperatives Lernen“ wird eng mit dem komplementären Konzept des selbstgesteuerten Lernens in Verbindung gebracht (vgl. Bonnet & Küppers, 2011). Laut Traub (2010) legen kooperative Lernformen Wert darauf, dass das Lernen der Gruppenmitglieder im Zentrum steht und angeregt wird und nicht das Erstellen des Gruppenprodukts im Mittelpunkt steht. Bei MELT allerdings ist beides relevant: das „Gruppenprodukt“ am Ende ist die Aufführung des Lesetheaters. Wichtig ist, dass die Zusammenarbeit der Lernenden beim kooperativen Lernen unbedingt mit einer oder mehreren Maßnahmen unterstützt werden (vgl. Konrad & Traub, 2008; Huber & Konrad & Wahl, 2001): Unterstützung der aufgabenspezifischen Interaktionen, Unterstützung der Gruppenprozesse, Feedback bzw. Anerkennung der Lernleistung der Gruppe. Diese Maßnahmen sind in den verschiedenen Lehr- und Lernprozessen bei der Erarbeitung der mehrsprachigen Lesetheater gleichermaßen relevant.

Literatur

Bonnet, A. & Küppers, A. (2011): Wozu taugen kooperatives Lernen und
Dramapädagogik? In: Küppers, A. & Schmidt, T. & Walter, M.(eds.):
Inszenierungen im Fremdsprachenunterricht: Grundlagen, Formen, Perspektiven. Hannover: Schroedel, 32-52.

Huber, A., Konrad, K. & Wahl, D. (2001). Lernen durch wechselseitiges Lehren. Pädagogisches Handeln, 5 (2), 33 – 46

Huber, A. A. (2007). Wechselseitiges Lehren und Lernen (WELL) als spezielle Form kooperativen Lernens. Berlin: Logos.

Huber, A. (1999). Bedingungen effektiven Lernens in Kleingruppen unter besonderer Berücksichtigung der Rolle von Lernskripten. Schwangau: Huber.

Konrad, K. & Traub, S. (2001). Kooperatives Lernen. Theorie und Praxis in Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung. Hohengehren: Schneider.

Konrad, K. & Traub, S. (2008). Kooperatives Lernen. Hohengehren: Schneider.

Traub, S. (2010). Kooperativ lernen. In: Buholzer, A. & Kummer Wyass, A. (Hrsg.). Alle gleich alle unterschiedlich! Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. Zug: Klett und Balmer, 138-150.